Das Haus zeigt nur einen Teil seiner wirklichen Grösse. Mit Satteldach und grossen Fenstern wirkt es alltäglicher als viele seiner Nachbarn. Die Fassaden spielen ein subtiles Spiel von Ähnlichkeit und Differenz. Die Giebel- und die Traufseiten ähneln sich, reagieren aber sensibel auf die Räume und auf die Umgebung.

Bild: Kuster Frey

Architekten Becker & Umbricht, Zürich; Henrik Becker, Michael Umbricht
Bauingenieur Rolf Soller, Kreuzlingen
Bauzeit Planungsbeginn 2013; Ausführung 2015–2016

Bauleitung

Klein + Mueller Architekten, Kreuzlingen

Auftraggeber privat

Drei Geschosse, davon eines im steilen Satteldach, eine gewendelte Treppe, ein Mittelgang: nichts Ungewöhnliches für ein Einfamilienhaus. Allerdings liegt hier das Gartengeschoss mit Entrée, Küche und Esszimmer in der Mitte. Die Wohnräume befinden sich oben unter dem Dach, die Schlafzimmer aber im Untergeschoss. Damit reagiert das Haus auf die kleine, kostbare Parzelle, die zwar am Bodensee liegt, aber in der zweiten Reihe, sodass sich der Blick erst aus erhöhter Position in seiner grandiosen Weite öffnet. Auf der Gegenseite, im Südwesten, befindet sich der Garten. Jedes Geschoss hat seinen eigenen Charakter. Jenes zu ebener Erde wird durch ein räumliches Tragwerk aus Sichtbeton geprägt. Sein Charakter ist intim – anders als die grossen Glasflächen beidseits des Eingangs vermuten liessen. Diese gehören zu raumhohen Oberlichtern über dem Schlafgeschoss, die innen als massive Betonkörper in Erscheinung treten. So entwickeln sich die Räume um das Zentrum herum in differenzierter Kleinteiligkeit. Sie strahlen nach den unterschiedlichen Seiten hin aus, wobei die dichte Bepflanzung vor Küche und Anrichte die Räume schliesst, während sich der Essbereich zur Gartenterrasse hin öffnet. Im Untergeschoss weitet sich das Zentrum zu einer kleinen Halle aus, wodurch sich die einseitige Ausdehnung des Grundrisses unter die Terrasse andeutet. Jedes Zimmer hat ein eigenes Oberlicht, das reichlich Licht einfängt und das versunkene Geschoss via Aussenwände in eine diffuse, an Räume für Kunst erinnernde Helligkeit taucht. Die Wände sind mit stumpf gestossenen, weiss gestrichenen Brettern bekleidet. Das schafft eine Verbindung zu den völlig andersartigen Räumen unter dem Dach, wo man sich beinahe in einem eingeschossigen Pavillon wähnt. Das Seezimmer öffnet sich über riesige Schiebefenster zur Aussicht hin. Eine rückwärtige Tapetentür führt schliesslich zu einem zweiten, privateren Wohnraum, in dem seitliche Laibungen und eine abgewalmte Decke Intimität und eine starke Verbindung zum Garten erzeugen. Über einem quadratischen Grundriss mit zentraler Wendeltreppe entwickelt das kompakte Haus ein vielfältiges Spiel mit unterschiedlichen Symmetrien. Dabei entfaltet sich ein räumlicher Reichtum, der die fast schon schematische Prägnanz der geometrischen Grundlegung vergessen lässt, in der das Ganze seinen notwendigen Rückhalt findet.

www.beckerumbricht.com

Fragen und Antworten zur Betonqualität:PDF

  • Aufgrund der Vorhänge irritieren die blinden Fenster in den Trauffassaden erst auf den zweiten Blick, vielleicht erst beim Eintreten, wenn der Innenraum die Erwartungen unterläuft.

    Bild: Kuster Frey

  • Die Wendeltreppe bezeichnet das Zentrum des quadratischen Grundrisses. Durch eine raffinierte Streckung des Treppenlaufs wird die Mittelzone des Hauses oben auf eine raumhaltige Wand ausgedünnt. Der Zugang zum Obergeschoss verschiebt sich dabei aus der Mitte, sodass der Wohnraum nicht davon dominiert wird.

    Bild: Kuster Frey

  • Die Decke prägt den unterschiedlichen Charakter der Räume im Obergeschoss. Dach und Decke verlaufen nicht immer parallel, aber immer befindet man sich spürbar ganz oben, unter dem Dach.

    Bild: Kuster Frey

  • In die Schlafräume fällt das Licht aus geschosshohen Oberlichtern. Man befindet sich spürbar ganz unten, in einem versunkenen Geschoss. Die Bauherrschaft wünschte sich grösstmögliche Intimität, überdies die Möglichkeit einer vollständigen Verdunkelung, was durch Vorhänge in den Lichtkammern erreicht wird.

    Bild: Kuster Frey

Villa Sandmeier, Lacroix Chessex Architectes, Genf

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