Wieso kann man nicht einfach auf Beton verzichten?

Beton ist das Fundament unserer modernen Gesellschaft, sichtbar und im Verborgenen. Er trägt Brücken und Tunnel, prägt Skylines und Landschaften, schützt Menschen, leitet Wasser, speichert Energie und schafft Räume, in denen wir leben und arbeiten.

Was ihn so einzigartig macht?

Beton übernimmt überall Verantwortung: als Fundament, als tragende Konstruktion, als aussteifender Kern, als Tragstruktur für grosse Deckenspannweiten oder als energetisch aktiviertes Bauteil. Kein anderer Baustoff ist gleichzeitig raumabschliessend und kann als tragendes Bauteil auf Zug und Druck beansprucht werden. Seine Vielseitigkeit, seine Formbarkeit und seine Dauerhaftigkeit haben ihn zum meistverwendeten Baustoff der Welt gemacht. Und durch seine Innovationskraft wird er es auch bleiben. Seine überzeugendsten Eigenschaften sind:

Beton ist über Jahrzehnte beständig und steht für echte Langlebigkeit. Er trotzt Witterung, Feuer und chemischen Einflüssen und bleibt formstabil, ohne zu rosten, zu schrumpfen oder zu verrotten. Seine Widerstandskraft gegen Feuchtigkeit, Schimmel oder Schädlinge macht ihn zum verlässlichen Baustoff – für Generationen. Schon das Pantheon in Rom zeigt, wie dauerhaft Beton sein kann: Vor über 2'000 Jahren aus Beton errichtet, beeindruckt das Gebäude auch heute noch zahlreiche Besucher und Bewunderer.

Beton trägt, was andere Baustoffe nicht tragen können. Er hält enormem Druck stand, bleibt stabil in seiner Form und bewährt sich überall dort, wo höchste Tragfähigkeit gefordert ist. Brücken, Tunnel, Verkehrswege oder Industrieanlagen wären ohne Beton nicht denkbar. Seine Dichte und Qualität sorgen dafür, dass Bauwerke selbst unter starker Beanspruchung zuverlässig funktionieren. 

Beton schafft die Grundlage für langlebige und wandelbare Bauwerke. Intelligent geplante Tragstrukturen erlauben es, Gebäude über Generationen hinweg mehrfach umzunutzen und weiterzuentwickeln. Diese Anpassungsfähigkeit ist ein zentrales Merkmal nachhaltiger Architektur: Je länger die bestehende Substanz genutzt wird, desto geringer fallen Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung aus. Umbauten, Nutzungsänderungen und bauphysikalische Aufwertungen verlängern den Lebenszyklus eines Bauwerks und reduzieren den ökologischen Fussabdruck erheblich. Ökobilanzierungen zeigen, dass sich das Treibhauspotenzial über 100 Jahre um rund 20 Prozent senken lässt, wenn bestehende Tragstrukturen weiterverwendet statt ersetzt werden. Grosse Spannweiten in Betonbauweisen ermöglichen offene Grundrisse und flexible Raumkonzepte. Dadurch lassen sich Gebäude einfach umbauen und weiterentwickeln.

Beton brennt nicht und trägt nicht zur Brandlast bei. Selbst bei Temperaturen von bis zu 1000°C bleibt seine Tragfähigkeit erhalten und schützt damit Menschen und Gebäude vor Einsturz. Seine mineralische Zusammensetzung verhindert die Ausbreitung von Feuer und Rauch. Beton setzt keine giftigen Gase frei und sorgt so für sichere Fluchtwege. Durch seine hohe Wärmespeicherkapazität verzögert er die Ausbreitung von Hitze und verschafft Einsatzkräften wertvolle Zeit. Zudem lassen sich Brandschäden an Beton oft einfach ausbessern, was Reparaturkosten reduziert und Gebäude schneller wieder nutzbar macht.

Beton lässt sich am Ende seiner Lebensdauer in seine Bestandteile zerlegen und erneut verwenden. In der Schweiz fallen laut dem Verband Baustoff Kreislauf Schweiz jährlich rund 5 bis 6 Millionen Tonnen Betonabbruch an. Das entspricht etwa zwei Dritteln der mineralischen Bauabfälle aus Rückbau- und Renovationsarbeiten (ohne Strassen). Zwischen 65 und 85 Prozent dieses Betonabbruchs werden heute wiederverwertet, je nach Kanton. Damit zählt die Schweiz zu den führenden Kreislaufregionen Europas. Der Erfolg jedes Recyclingprozesses hängt von der Reinheit des Materials ab. Der Fremdstoffanteil darf höchstens vier Prozent betragen, damit das Granulat als Baustoff gilt. Die Qualität wird laufend kontrolliert. Durch sortenreine Trennung und moderne Aufbereitung entstehen hochwertige Sekundärrohstoffe, die auch im Hochbau eingesetzt werden..So werden natürliche Ressourcen geschont, Deponieraum reduziert und der Baustoffkreislauf geschlossen. Darüber hinaus kann Recyclingbeton durch die beim Brechen vergrösserte Oberfläche zusätzlich CO₂ aus der Luft binden – ein Prinzip, das verschiedene Unternehmen bereits gezielt nutzen, um Beton aktiv als CO₂-Speicher einzusetzen.

Das 2014 erstellte Reservoir «Wäldle» in Balzers ersetzt seinen Vorgänger aus den 1950er-Jahren. Der Neubau aus Beton fasst 3000 Kubikmeter Wasser und sichert die Versorgung der Gemeinde. (Foto: Batt/Huber)
Das 2014 erstellte Reservoir «Wäldle» in Balzers ersetzt seinen Vorgänger aus den 1950er-Jahren. Der Neubau aus Beton fasst 3000 Kubikmeter Wasser und sichert die Versorgung der Gemeinde. (Foto: Batt/Huber)
Im Wasserwerk Lengg in Zürich wird Seewasser in 32 Metern Tiefe gefasst und aufbereitet. Bis zu 13 000 Kubikmeter pro Stunde sichern die Trinkwasserversorgung der Stadt. (Foto: Batt/Huber)
Im Wasserwerk Lengg in Zürich wird Seewasser in 32 Metern Tiefe gefasst und aufbereitet. Bis zu 13 000 Kubikmeter pro Stunde sichern die Trinkwasserversorgung der Stadt. (Foto: Batt/Huber)

Eine nachhaltige Zukunft ist ohne Beton nicht denkbar.

Unter der Erde sichert Beton unsere Versorgung mit Energie, Wasser und Kommunikation. Über der Erde schafft er Wohnraum, Mobilität und Lebensqualität. Auch in einer dekarbonisierten Welt braucht es den vielseitigen Baustoff, denn er ermöglicht:

Mit dem Wachstum der Bevölkerung steigt auch der Bedarf an Gebäuden und Infrastrukturen. Beton gehört zu den wenigen Baustoffen, die sich in der nötigen Menge, Qualität und Geschwindigkeit herstellen lassen, um diesen Bedarf zu decken. In der Schweiz umfasst das Schienennetz gemäss Bundesamt für Statistik rund 5817 Kilometer, davon entfallen 5317 Kilometer auf die Eisenbahn. Die SBB betreibt fast 5000 Bahnbrücken und über 300 Bahntunnel. Ihre Bauwerke müssen grossen Lasten standhalten, witterungsbeständig und langfristig sicher sein. Beton erfüllt diese Anforderungen durch seine hohe Druckfestigkeit, Dauerhaftigkeit und Formstabilität. Strassen aus Beton bieten zudem einen geringen Rollwiderstand, was den Energieverbrauch im Verkehr reduziert. 

Beton spielt auch in der Energieversorgung eine zentrale Rolle. Er bildet die Basis für Wasserkraftwerke, Staudämme und Energiepfähle und speichert gleichzeitig Wärme und Kälte in Gebäuden. Seine hohe Dichte verleiht ihm ein aussergewöhnliches Wärmespeichervermögen: Beton nimmt Energie auf, hält sie lange zurück und gibt sie gezielt wieder ab. Bei der thermischen Bauteilaktivierung zirkuliert Wasser in Rohrsystemen, die in Decken oder Wände eingelassen sind. So wird Beton zum Energiespeicher, der im Winter heizt und im Sommer kühlt. Kombiniert mit Wärmepumpen, Geothermie oder Solarenergie entsteht ein System, das Ressourcen schont und Temperaturschwankungen ausgleicht. Massive Bauteile verhindern Überhitzung und schaffen ganzjährig ein ausgeglichenes, behagliches Raumklima. Besonders in Büro-, Schul- und Verwaltungsbauten hat sich die Betonkernaktivierung als effiziente und verlässliche Lösung bewährt. 

Beton speichert, schützt und leitet Wasser sicher und rein bis in die Haushalte. Ob Trinkwasserreservoirs, Aufbereitungsanlagen oder Kanalisationssysteme: Beton ist das Rückgrat unserer Wasserversorgung. Er ermöglicht, dass Wasser gesammelt, gespeichert und kontrolliert verteilt wird. Dies über Jahrzehnte hinweg, auch unter Druck, Frost und wechselnden chemischen Bedingungen. Betonrohre und -schächte leiten Abwasser zuverlässig ab. Betonschalen führen Oberflächenwasser gezielt in Gewässer. Poröse Sickerbeläge fördern den natürlichen Wasserkreislauf in Städten. So hilft Beton, Wasser nutzbar zu machen und gleichzeitig zu schützen – im Reservoir, in der Kanalisation und im Boden.

Beton sorgt für energieeffiziente, sichere und langlebige Gebäude für eine wachsende Gesellschaft. Gesellschaften verändern sich ständig. Menschen werden älter, Geburtenraten sinken und die Zahl kleiner Haushalte nimmt zu. Zuwanderung gleicht Fachkräftemangel und Bevölkerungsschwund teilweise aus und führt zugleich zu Wachstum in Städten und Regionen. Wohnen gilt heute als gesellschaftlicher Wert und ist eng mit Nachhaltigkeit verbunden. Klimaneutrales Bauen, sozial durchmischte Wohnkonzepte und gerechte Zugänge für alle Bevölkerungsgruppen stehen im Zentrum einer verantwortungsvollen Planung. Nachhaltigkeit bedeutet auch, so hochwertig, energieeffizient und gut gestaltet zu bauen, dass Gebäude über Generationen genutzt werden können. Langlebige Materialien wie Beton ermöglichen flexible und dauerhafte Bauweisen. Besonders Betonskelettbauten lassen sich gut umbauen, etwa wenn aus Bürogebäuden Wohnungen entstehen. 

Beton ermöglicht kompakte Bauweisen, die Naturräume schonen und den Boden effizient nutzen. Gerade in Städten wird Verdichtung ohne Beton nicht gelingen. Aufgrund seiner Festigkeit und Dauerhaftigkeit ist es möglich, mit Beton in die Höhe und in die Tiefe zu bauen und damit auf derselben Fläche mehr Raum zu schaffen. Hochhäuser, Tiefgaragen oder Aufstockungen nutzen die Ressource Boden sparsam und tragen zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung bei. Verdichtung verändert auch das Stadtklima. Wo dichter gebaut wird, steigt die Bedeutung von Durchgrünung, Wasserführung und Temperaturausgleich. Hier setzt das Konzept der Schwammstadt an. Versickerungsfähige Betonoberflächen nehmen Regenwasser auf, speichern es und geben es langsam wieder ab. So wird die Umgebung gekühlt, das Mikroklima verbessert und Starkregen kann schadlos versickern. Beton ist damit ein Schlüsselmaterial, um dichte Städte klimafit zu machen. Er trägt dazu bei, neuen Wohnraum zu schaffen, ohne zusätzliche Landschaftsflächen zu beanspruchen.

Beton schützt vor Naturgefahren und den Folgen des Klimawandels. Steigende Temperaturen, schmelzende Gletscher und extreme Wetterereignisse gefährden zunehmend Mensch und Infrastruktur. Murgänge, Hochwasser und Hangrutsche treten häufiger auf. Um Menschen und Siedlungen zu schützen, braucht es Bauwerke, die dauerhaft und widerstandsfähig sind. Beton erfüllt diese Anforderungen zuverlässig. Staumauern, Murgangsperren und Hochwasserschutzbauten aus Beton halten Wasser, Geröll und Schwemmholz zurück. Auch in Gebäuden schützt Beton vor Hitze, Kälte und Feuer. Beton schützt nicht nur, er hilft auch, sich an den Klimawandel anzupassen. Helle Oberflächen und begrünte Strukturen senken die Aufheizung im Sommer, Schwammstadt-Konzepte mit versickerungsfähigen Betonbelägen speichern Regenwasser und verbessern das Stadtklima. Beton ist Teil der Lösung und trägt Verantwortung. Seine Herstellung verursacht CO2, doch die Branche arbeitet konsequent daran, Emissionen zu senken und den Baustoff klimaverträglicher zu gestalten. Wo Beton gezielt und langlebig eingesetzt wird, schafft er Sicherheit und Raum für kommende Generationen.

Die Zukunft des Bauens ist ohne Beton also nicht denkbar. Eine Zukunft von CO2-neutralem Beton ist machbar. Das legen Roadmaps der cemsuisse, von Baustoff Kreislauf Schweiz und von Swissbeton dar. Seine Rohstoffe stammen aus der Region, seine Lebensdauer übertrifft die vieler anderer Materialien deutlich. Dank Innovationen wird Beton zunehmend ressourcenschonend hergestellt. Recycllingkonzepte schliessen Betonkreisläufe, neue Betonrezepturen senken den CO2-Ausstoss und CO2-arme Herstellungsverfahren ebnen den Weg für klimaneutrale Lösungen. 

Miteinanderhaus Basel, ehemals Felix-Platter-Spital. Der von Müller Sigrist Architekten, Rapp Architekten und Dr. Lüchinger+Meyer gestaltete Eingangsbereich mit lichtdurchflutetem Foyer verwandelt den einst geschlossenen Spitalbau in ein offenes Haus für Gemeinschaft und Begegnung.
Miteinanderhaus Basel, ehemals Felix-Platter-Spital. Der von Müller Sigrist Architekten, Rapp Architekten und Dr. Lüchinger+Meyer gestaltete Eingangsbereich mit lichtdurchflutetem Foyer verwandelt den einst geschlossenen Spitalbau in ein offenes Haus für Gemeinschaft und Begegnung.
Der 105 Meter lange Bau aus den 1960er-Jahren wurde in einen vielfältigen Wohnraum mit 130 Wohneinheiten umgebaut.
Der 105 Meter lange Bau aus den 1960er-Jahren wurde in einen vielfältigen Wohnraum mit 130 Wohneinheiten umgebaut.
Beton bleibt als prägendes Material sichtbar. Er steht für Dauer, Wandelbarkeit und die gelungene Umnutzung eines Bauwerks mit Geschichte.
Beton bleibt als prägendes Material sichtbar. Er steht für Dauer, Wandelbarkeit und die gelungene Umnutzung eines Bauwerks mit Geschichte.
Mit gezielten Eingriffen und einer doppelten Fassadenebene wurde die Energieeffizienz verbessert, ohne den architektonischen Ausdruck des Bauwerks zu verändern. (Alle Fotos: Archibatch)
Mit gezielten Eingriffen und einer doppelten Fassadenebene wurde die Energieeffizienz verbessert, ohne den architektonischen Ausdruck des Bauwerks zu verändern. (Alle Fotos: Archibatch)