Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft
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Chancen für nachhaltiges Bauen mit Beton

Ab 2025 treten neue gesetzliche Anforderungen in Kraft, die die Bauweise und Materialwahl bei der Erstellung und Sanierung stärker in den Fokus rücken. Dies wirft die Frage auf, wie ressourcenschonend und nachhaltig gebaut werden kann.

Chancen für nachhaltiges Bauen mit Beton

Beton im Fokus: Mehr als nur seine CO₂-Bilanz

Der Baustoff Beton wird dabei häufig auf seine CO₂-Bilanz reduziert, ohne seine Fortschritte und Potenziale im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Diese eindimensionale Wahrnehmung verstellt den Blick auf die unverzichtbaren Qualitäten von Beton als Schlüsselbaustoff für Lebensräume, Infrastruktur und zukunftsorientiertes Bauen. Beton spielt eine zentrale Rolle in unserer Gesellschaft.

Richtig eingesetzt, bietet der Baustoff überzeugende Möglichkeiten, den steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Entscheidend ist, mit Beton gezielt und effizient zu planen - von der Wahl der richtigen Rezeptur bis zur Integration in durchdachte Tragwerkskonzepte. Dass dies möglich ist, zeigen schon heute viele Projekte:

Beim Tilia Tower in Lausanne wird beispielsweise ein neuartiger Zement für den Beton verwendet, mit dem die Umweltbelastung deutlich reduziert werden kann. Der verwendete Zement mit kalziniertem Ton weist einen um 30 % geringeren CO₂-Ausstoss auf. In Kombination mit Holz kann das Gesamtgewicht des Gebäudes und damit der Materialeinsatz reduziert werden.

Ein weiteres Beispiel ist das Hochhaus Freihofstrasse in Zürich. Durch die kompakte Bauweise, die symmetrische Geometrie, die direkte vertikale Lastabtragung, die kurzen Spannweiten und die Systemtrennung kann Material und CO₂ eingespart werden.

Bei der Primarschule Halde wurde auf den Einsatz von Fertigteilen gesetzt. Die Vorfertigung der Betonelemente im Werk ermöglicht eine hohe Präzision und damit schlankere Konstruktionen. Durch die schnelle Montage vor Ort wird nicht nur die Bauzeit verkürzt, sondern auch der CO₂-Ausstoss reduziert.

Diese Beispiele zeigen: Es geht weniger darum, auf Beton zu verzichten, sondern ihn bewusst und angepasst einzusetzen - mit neuen Zementen, Rezepturen und Technologien.

Anforderungen fördern Innovation und Zusammenarbeit

Neue Anforderungen fördern Innovation und Kooperation. Besonders spannend ist, wie unterschiedlich die Akteure der Branche mit diesen Herausforderungen umgehen und kreative Lösungen entwickeln.

Tilia Tower in Lausanne. Bild Itten+Brechbühl AG sowie Lüchinger & Meyer AG
Tilia Tower in Lausanne. Bild Itten+Brechbühl AG sowie Lüchinger & Meyer AG
Hochhaus Freihofstrasse in Zürich. Bild pool Architekten
Hochhaus Freihofstrasse in Zürich. Bild pool Architekten
Primarschule Halde. Bild Element AG / LTS Leistungsfotografie
Primarschule Halde. Bild Element AG / LTS Leistungsfotografie

Cathleen Hoffmann studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Universität in Dresden (Deutschland) und ist heute Produktingenieurin bei Holcim Schweiz. Sie erklärt:

«Nachhaltiges Bauen muss alle Lebensphasen eines Gebäudes berücksichtigen - von der Baustoffherstellung über Planung, Bau und Nutzung bis hin zu Rückbau und Recycling. Im Vordergrund steht dabei nicht nur das Schliessen von Stoffkreisläufen. Es spielen Strategien wie Abfallvermeidung, Reduzierung des Materialeinsatzes und Wiederverwendung von Baustoffen und das Verleihen ganzer Bauelemente eine wichtige Rolle. Wir setzen dabei auf nachhaltige Lösungen, oft in Kooperation mit Partnern aus Forschung und Wirtschaft.»

Cathleen Hoffmann, Projektingenieurin bei Holcim Schweiz
Cathleen Hoffmann, Projektingenieurin bei Holcim Schweiz

Prof. Simone Stürwald ist Professorin für Nachhaltige Konstruktion an der OST – Ostschweizer Fachhochschule und Mitglied der SIA-AG «Nachhaltiger Betonbau» und Leiterin der SIA AG «Nachhaltige Tragwerke»:

«Die neuen Vorgaben - insbesondere im Betonbau - eröffnen die Chance, künftig mit mehr Bedacht zu bauen: durch geschickte, materialsparende Planung, den Einsatz der nachhaltigsten und dennoch technisch geeignetsten Baustoffe sowie mehr Re-Use und Recycling. Damit gewinnen nachhaltige Innovationen an Bedeutung und wir können zeigen, was möglich ist.»

Prof. Simone Stürwald der Fachhochschule Ost
Prof. Simone Stürwald der Fachhochschule Ost

Chancen sieht auch Lennart Rogenhofer, Chief Climate Officer bei Losinger Marazzi:

«Mit der neuen Gesetzgebung wird dem Thema noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Wichtig ist, dass man es auf verschiedenen Ebenen betrachtet: Zunächst soll eine langfristige Nutzung der Gebäude, sprich Klimaresilienz in der Konzeption und Entwicklung der Immobilienprojekte sowie hohe Qualität in der Ausführung gewährleistet werden. Der Fokus liegt hier neben verdichtetem Bauen auf dem Suffizienz-Prinzip und einer Optimierung des Materialeinsatzes. Erst danach gilt der Grundsatz: das richtige Material am richtigen Ort. Wir berechnen bereits seit 2019 diese Emissionen für alle Bauprojekte und haben für jedes Projekt Zielwerte und einen Massnahmenplan zur Reduzierung der Emissionen.»

Lennart Rogenhofer, Chief Climate Officer bei Losinger Marazzi
Lennart Rogenhofer, Chief Climate Officer bei Losinger Marazzi

Andreas Sonderegger, Architekt und Mitbegründer von pool Architekten und Co-Leiter des Instituts Konstruktives Entwerfen an der ZHAW betont:

"In Betonstrukturen steckt graue Energie, und gleichzeitig enthalten die Strukturen viele wertvolle Ressourcen. Wir sollten also damit sparsam umgehen – und langfristig planen. Denn richtig konzipiert, können Betontragwerke die Jahrhunderte überdauern. Wir sollten sie so planen, dass künftige Generationen sie vollständig umbauen und umnutzen können, um ihnen ein zweites oder drittes Leben zu geben."

Andreas Sonderegger, Architekt und Mitgründer von pool Architekten
Andreas Sonderegger, Architekt und Mitgründer von pool Architekten

Gemeinsam an der Zukunft bauen

Die aktuellen Anforderungen bieten die Chance, Bauweisen zu hinterfragen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Beton als vielseitiger und widerstandsfähiger Baustoff kann dabei eine Schlüsselrolle spielen. Erfolgreiche Projekte entstehen durch die Zusammenarbeit von Architekten, Ingenieuren, Bauherren und der Industrie - ein Zusammenspiel, das funktionale, ästhetische und nachhaltige Bauweisen vereint.

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