Vorfabrikation, Innovation
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Leicht und gut in Form – Betonfertigelemente; auch mit Carbon

Neuer Wohnraum?! Betonfertigelemente bieten eine effiziente Lösung für die Aufstockung von Gebäuden. Entdecken Sie, wie leicht, handhabbar und schnell montierbar Betonelemente sein können, um der dringenden Wohnungsnot entgegenzuwirken.

Leicht und gut in Form – Betonfertigelemente; auch mit Carbon

Was hat die Tour de Suisse mit Bauen mit Beton gemeinsam? Den Umstand, dass dank Carbonfasern Velos oder Betonplatten leichter werden können. Bei der Herstellung als Baumaterial punkten sie mit ihrer Fähigkeit, enorme Zugkräfte aufnehmen zu können – deutlich mehr als eine herkömmliche Stahlbewehrung. Im Gegensatz zu Stahl rosten die Fasern nicht, müssen also nicht dick mit Beton ummantelt werden, wie das bei Stahlbeton der Fall ist. Die Einsparung an Material bedeutet nicht nur, dass die Bauteile leichter werden, sondern auch, dass Emissionen eingespart werden. «Die Entscheidung für eine Bauweise mit Carbonbeton-Fertigelementen trägt zur Nachhaltigkeit bei, indem sie den Ressourcenverbrauch reduziert und somit einen Beitrag zum Umweltschutz leistet», erläutert Patrick Suppiger, Geschäftsführer der Betonsuisse Marketing AG. Konkret können mit Carbonbeton, je nach Einsatzgebiet, bis zu 80 Prozent Material eingespart werden, was die Ökobilanz verbessert.

Bauteile in Carbonbeton werden industriell hergestellt. «Durch die hohe Vorfertigung von Carbonbeton-Elementen wird die Baustelle erheblich entlastet, was zu einer beschleunigten Bauzeit führt», benennt Suppiger weitere Vorteile des Verfahrens.

Space Eye des Architekten Mario Botta
Space Eye des Architekten Mario Botta
Betonfertigelement mit Carbon (Bildquelle: Element AG)
Betonfertigelement mit Carbon (Bildquelle: Element AG)

Space Eye
Das Space Eye ist ein Observatorium in Niedermühlen im Kanton Bern, welches von Mario Botta entworfen wurde. Die Element AG hat dort die Fassadenelemente mit Cabonarmierung geliefert.

«Die einzigartige weisse Fassade des Space Eye ist mit carbonarmierten, vorfabrizierten Betonelementen mit einer Konstruktionsstärke von nur 50 mm realisiert worden - ein CO2-optimiertes Konzept, welches in Art und Form eine besondere Stellung in der Geschichte der Element AG einnimmt», so der Verkaufs- und Marketingleiter André Bischof der Element AG. Sie wollen mehr erfahren, besuchen Sie die Website der Element AG zum Thema «Space Eye»

Aufstockung mit Betonfertigelementen
«Die Möglichkeit, ein bestehendes Gebäude mittels Massivbaus aufzustocken, eröffnet interessante Perspektiven», so Alexander Stüssi des gleichnamigen Betonfertigelement-Herstellers. Das Unternehmen hat hierfür eine effiziente Trägerkonstruktion entwickelt, die aus zwei Längsträgern besteht, welche auf dem vorhandenen Dach platziert werden. An diesen Trägern werden dann die neuen Innenwände aufgehängt. Diese Methode erlaubt eine fast «gewichtsneutrale» Montage der Betonelemente auf dem bestehenden Dach, was in der Fachsprache als «Überzug» bezeichnet wird.

Thermische Trägheit für bessere Raumklimaregulierung
«Ein Vorteil von Beton liegt in seinem hohen thermischen Speichervermögen, im Gegensatz zu Holz, das eine geringere thermische Speicherfähigkeit aufweist. Diese thermische Trägheit des Massivbaus ist besonders im Bereich des Attikabaus von Nutzen, da sie sommerliche Temperaturspitzen abfängt und so zu einem angenehmeren Raumklima führt», erklärt Alexander Stüssi weiter.

Aufstockung mit Carbonarmierten Fertigelementen
Besonders geeignet erscheint Carbonbeton dank des leichteren Gewichtes für das Erstellen von zusätzlichen Stockwerken auf bestehende Liegenschaften. «Die Verwendung von Carbonbeton-Fertigelementen ermöglicht nicht nur eine schnelle und effiziente Aufstockung von Gebäuden, sondern bietet auch eine leichtere Konstruktion, die den statistischen Anforderungen gerecht wird», erläutert Suppiger. Bereits zum Einsatz kommt Carbonbeton in der Schweiz in Fassadenelementen, oder als Fertigteile wie Balkone und Brücken.

Aufstockung mit Betonfertigelementen (Beispiel mit Stahlbewehrung) ist nicht neu. Hier ein Beispiel der Firma Stüssi Betonvorfabrikation AG (Objekt 1, 3 und 4 von vorne gesehen).
Aufstockung mit Betonfertigelementen (Beispiel mit Stahlbewehrung) ist nicht neu. Hier ein Beispiel der Firma Stüssi Betonvorfabrikation AG (Objekt 1, 3 und 4 von vorne gesehen).
Bildquelle: Stüssi Betonvorfabrikation AG
Bildquelle: Stüssi Betonvorfabrikation AG

CPC-Brücke in Winterthur
Eine dieser Brücken aus CPC-Betonplatten gibt es in Winterthur. «Die CPC-Platten beruhen auf der patentierten «carbon prestressed concrete CPC-Technologie». Diese Technologie wurde im Rahmen eines langjährigen Forschungsprojekts der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Winterthur ZHAW entwickelt», erklärt Prof. Josef Kurath der ZHAW. Er war bei der Entwicklung seitens Hochschule massgeblich für das Gelingen verantwortlich.

CPC-Platten sind mit engmaschigen, vorgespannten Carbondrahtnetzen bewehrt. Die 40 mm oder 70 mm starken und 3.5 m x 17 m grossen CPC-Platten werden auf Basis der Planungsdaten mit CNC gesteuerten Maschinen in beliebige Formstücke geschnitten. Dabei sind praktisch alle Formen und Details möglich. Im Werk werden die Formstücke zu Bauteilen zusammengesetzt und auf der Baustelle nur noch montiert.

Brücke in Winterthur
Brücke in Winterthur
Bildquelle: espazium und CPCAG
Bildquelle: espazium und CPCAG

Reduce, Reuse, Recycle
Im Stadtteil Neuhegi-Grüze entsteht ein wegweisendes Gebäude aus wiederverwendbaren Bauteilen: Das sogenannte Innovationslabor begeht mit seinem Sharing-Modell in Kombination mit der Technologie «Carbon Prestressed Concrete» (CPC) nicht nur neue Wege im Hochbau, sondern erzielt auch signifikante CO2- und Materialeinsparungen. Das Projekt ist das Resultat einer engen Zusammenarbeit zwischen der Stadt Winterthur, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und Holcim, mit dem Ziel, Neues voranzutreiben.

Bei CPC Bauwerken können, je nach Einsatzgebiet, bis zu 80 Prozent Material eingespart werden, was die CO2-Emissionen um die Hälfte oder noch mehr reduziert.

Die TU Dresden hat kürzlich mit Cube das weltweit erste Gebäude in Carbonbeton realisiert. Und in der Schweiz steht in Winterthur die «leichteste Brücke der Welt», wie ihre Erbauer sagen. Sie überspannt das Flüsschen Eulach.

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Baumeisterverband (SBV).

Impression des zukünftigen Innovationslabors. Visualisierung der CPCAG.
Impression des zukünftigen Innovationslabors. Visualisierung der CPCAG.

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