Projekte, Innovation
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Reise ins Innere der Zeit – Der Gletschergarten Luzern als Tor zur Erdgeschichte

Der Gletschergarten liegt am Fusse eines grossen Sandsteinfelsens in der Stadt Luzern. Die Entstehung des Sandsteins geht auf einen Meeresstrand zurück, welcher vor 20 Mio. Jahren die damals tropische Gegend geprägt hatte. Nach der Freilegung der 1872 entdeckten Gletschertöpfe entwickelte er sich schnell zu einer Attraktion in der durch den Tourismus geprägten Region.

Reise ins Innere der Zeit – Der Gletschergarten Luzern als Tor zur Erdgeschichte

Gletschergarten: Längsschnitt Felsenwelt und Schweizerhaus

Gletschergarten

Das Projekt

Das Projekt umfasst die Sanierung des historischen Schweizerhauses mit Gartenanlage, den Neubau eines Ausstellungsgebäudes und die Schaffung der Felsenwelt, die sich in den Sandstein gräbt. Über das Zugangsportal erreicht man die im Fels liegende ureigene Welt. Umfasst vom Klima des Felsens können entlang des Weges unterschiedliche Phänomene der Erdgeschichte entdeckt und erfahren werden. Die starke räumliche Stimmung wird durch das vorherrschende Material Stein und die elementaren Erfahrungen geprägt. Aus rund dreissig Metern Tiefe steigen die Besucher Schritt für Schritt dem Licht entgegen und erreichen die Sommerau.

Die Eingriffe im Gletschergarten sind inspiriert aus dem naturwissenschaftlichen Eifer des 19. Jahrhunderts. Die romantische Neugierde, mit der man damals die Natur erforschte und auch unheimliche Phänomene durchdringen wollte, soll auch die Besucher durch den Gletschergarten führen. Ähnlich wie die Protagonisten in einem Abenteuerroman von Jules Verne reisen die Besucher alleine oder in kleinen Gruppen in eine fremde Welt. Die Geschichte entwickelt sich quasi von selbst - der Weg ist das Ziel.

Gletschergarten aussen, Bild: Ruedi Walti
Gletschergarten aussen, Bild: Ruedi Walti

Die räumliche Konzeption des Felsrundgangs entwickelt sich aus der Schichtung des Sandsteins. Das 20 Mio. Jahre alte Gestein wurde während der Alpenfaltung um 54° aufgestellt und verläuft heute schrägwinklig zum gewohnten Koordinatensystem des Menschen. Entlang dieser Schichtung werden die Räume Schritt für Schritt aus dem Fels gesprengt, auf der Suche nach tragfähigen Schichten und geologischen Entdeckungen.

Grundlage des Entwurfs bildet die Absicht, den Fels - wo immer möglich - als tragendes Element sichtbar zu belassen. Stellen, an denen stark verwitterter Fels angetroffen wurde oder Felssicherungen notwendig wurden, werden in der Formensprache der Felsschichtung mit Sichtbeton ausgegossen. Ein Zusammenspiel zwischen Naturfels und Kunstfels.

Bergsee, Bild: Ruedi Walti
Bergsee, Bild: Ruedi Walti

Zahlen und Fakten Gletschergarten

Bauherrschaft:
Stiftung Gletschergarten

Baukosten in CHF (SIA 416):
CHF 20 Mio.

Art des Verfahrens:
Direktauftrag

Architektur:
Miller & Maranta

Bauingenieurwesen:
Conzett Bronzini Partner, Chur und Lombardi Bauingenieure

Landschaftsarchitektur:
Müller Illien

Betonbau:
Schmid Bauunternehmung

Mehr Wissen rund um Beton:

Beton-People, Interview

Beton statt Barrique

Unter einem schönen Weinkeller stellt man sich ein geräumiges Gewölbe vor, in dem perfekt aufgereiht dutzende Holzfässer lagern, um gewöhnlichen Rebensaft in einen grossartigen Jahrgang zu verwandeln. Dass dieser Effekt auch mithilfe von Beton erzielt werden kann, mag zunächst ungewöhnlich klingen. Doch wenn man bedenkt, dass der Wein in der Antike in Tonamphoren aufbewahrt wurde, erscheint der Ausbau in irdenen Behältnissen nicht mehr so abwegig. Zugegeben, ein Betonfassweinkeller mit überdimensionalen Beton-Eiern wirkt auf den ersten Blick exotisch. Könnten diese Eier vielleicht von einem ausserirdischen Riesenosterhasen im Keller versteckt worden sein?

 

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Die Betonröhre zum Mittelpunkt der Erde

Ein Tunnel wie aus einem Abenteuerroman: Wer in die 57 Kilometer lange Betonröhre des Gotthards eintaucht, erlebt eine Reise ins Innere der Schweiz – fast wie bei Jules Verne zum Mittelpunkt der Erde. Test-Lokführer Heinz Wüthrich erzählt, wie sich dieses Jahrhundertbauwerk anfühlt.
 

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