Wie hoch ist das Risiko von Hochwasserereignissen in Sarnen und Umgebung ohne diesen Entlastungsstollen?
Schon ab einem Ereignis, das durchschnittlich alle 10 Jahre eintritt, treten rund um den Sarnersee und entlang der Sarneraa bedeutende Schäden und Beeinträchtigungen auf. Diese können sich auf einige Mio. Franken belaufen. Das kumulierte Hochwasserrisiko, das auch seltenere und grössere Ereignisse einschliesst, wurde mit Fr. 6'500'000.- pro Jahr berechnet. Das bisher mit Abstand grösste Hochwasserereignis vom August 2005 verursachte im Bereich des Sarnersees und der Sarneraa Schäden von mehr als 250 Mio. Franken.
Wie bereitet sich die Region Obwalden auf zunehmend extreme Wetterereignisse vor?
Der Hochwasserschutz wird nicht nur an der Sarneraa, sondern auch an den Seitengewässern weiter vorangetrieben, sodass bis zu einem 100-jährlichen Ereignis keine bedeutenden Schäden zu erwarten sind. Wichtig ist auch die konsequente und dauerhafte Pflege unserer Schutzwälder, in die der Kanton jedes Jahr über 5 Mio. Franken investiert.
Welche Rolle spielt der Klimawandel in der regionalen Planung und Politik?
Der Klimawandel spielt in Planung und Politik eine bedeutende Rolle und entsprechende Massnahmen werden in den verschiedensten Bereichen (Hochwasserschutz, klimaangepasste Pflege und Umwandlung der Wälder, Verbesserung der Wasserversorgung, Vorkehrungen gegen Hitze) umgesetzt.
Gibt es weitere geplante oder laufende Projekte in Obwalden, um die Region vor extremen Wetterereignissen zu schützen?
Solche gibt es. Neben den Projekten an der Sarneraa, die uns noch einige Jahre beschäftigen, ist insbesondere ein grosses Projekt zur Verbesserung der Hochwassersicherheit an der kleinen. Schliere in Alpnach vorgesehen. Ein Grossprojekt an der Engelbergeraa im Tal Engelberg steht kurz vor dem Abschluss. Daneben werden jedes Jahr kleinere und mittlere Projekte in den Seitengewässern in allen Gemeinden umgesetzt.
Wie wird die Bevölkerung in die Planung und Umsetzung solcher Schutzmassnahmen einbezogen?
Bereits während der Planung von grösseren Projekten wird die Bevölkerung an Informations- und Diskussionsveranstaltungen einbezogen und können ihre Anliegen einbringen, die dann – soweit möglich – in die weitere Planung einfliessen. Im Rahmen der Projektauflage, die vor der Genehmigung der Projekte stattfindet, können sich die betroffenen Bürger und Bürgerinnen im Rahmen von Einsprachen äussern. In vielen Fällen finden auch Abstimmungen über Kreditvorlagen zu Schutzmassnahmen statt, zu denen sich die Bürger und Bürgerinnen mit dem Stimmzettel äussern können.
Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen, die der Klimawandel für die Region Obwalden mit sich bringt?
Der Klimawandel hat gerade bezüglich Naturgefahren grosse Auswirkungen. Die Natur wird unberechenbarer, Extremereignisse heftiger und häufiger. Durch den Klimawandel ändern sich auch die Lebensbedingungen für den Wald und die landwirtschaftlichen Kulturen. Im Sommer ist Wassermangel ein häufigeres Phänomen und in den Siedlungen im Tal treten vermehrt Hitzetage auf. Schneemangel im Winter in mittleren und tiefen Lagen und das Verschwinden der Gletscher werden Veränderungen des touristischen Angebotes zur Folge haben. Daher wird auch von einer saisonalen Umverteilung der Hochwassergefahr ausgegangen. Die Gefährdung im Frühsommer, ausgelöst oder verstärkt durch die Schneeschmelze, wird bei zunehmender Erwärmung und geringeren Schneelagen als geringer eingestuft. Herbst- und Winterhochwasser durch Warmfronten und Regenfälle bis in hohe Lagen werden dagegen häufiger erwartet.
Wie sehen Sie die Zukunft des Hochwasserschutzes in Obwalden?
Dank Umsetzung zahlreicher Hochwasserschutzprojekte in den vergangenen Jahrzehnten und in den kommenden Jahren, genaueren Gefahrenkarten und einer besseren Warnung und Notfallplanung wird der Kanton Obwalden bezüglich Hochwasserschutz in der Zukunft bedeutend besser gewappnet sein. Eine vollständige Sicherheit wird es nie geben, dies ist weder technisch noch finanziell umsetzbar. Auch wird die Natur immer wieder und immer häufiger Überraschungen bieten.
Vielen Dank für das Gespräch Dr. Josef Hess.