Projekte, Kreislaufwirtschaft
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Doppeltes Lottchen

Neubau Kinderspital/Frauenklinik
Das zweiteilige Neubauprojekt Kinderspital/Frauenklinik auf dem Areal des Luzerner Kantonsspitals (LUKS) ist im Rohbau hochgezogen. Die Materialisierung im hochwertigen Sichtbeton der Klasse 4 mit 50 Prozent Recyclling-Anteil war eine der vielfältigen Herausforderungen für Planer und Baumeister. Betonsuisse überzeugte sich davon in einem Rundgang vor Ort.

Doppeltes Lottchen
Neuer Standort Neubau Kinderspital / Frauenklinik. Quelle LUKS, Generalplaner Burkard Meyer + Bollhalder Walser AG
Neuer Standort Neubau Kinderspital / Frauenklinik. Quelle LUKS, Generalplaner Burkard Meyer + Bollhalder Walser AG

Das Projekt
Mit dem symbolischen Spatenstich wurde am 17. September 2020 östlich des heutigen Kinderspitals das Startzeichen für den Neubau des Kinderspitals und der Frauenklinik gegeben. Neben den Verantwortlichen des Luzerner Kantonsspitals LUKS nahmen Vertreter des Kantons Luzern, der Stadt Luzern, Nachbarn, am Bau beteiligte Partner sowie je eine Delegation des Kinderspitals und der Frauenklinik am Spatenstich teil.

Das im Jahr 1971 erbaute Kinderspital in Luzern ist in die Jahre gekommen und trotz Provisorien und Umbauten herrscht Platzmangel. Um auch künftig den Anforderungen an ein Perinatalzentrum (bestehend aus Geburtshilfe, Neonatologie und Neugeborenen-Intensivstation) zu entsprechen, werden zwei Neubauten – das Kinderspital und die Frauenklinik – Tür an Tür gebaut.

Zwei Neubauten in Symbiose
Im Juni 2020 gab das LUKS bekannt, das Siegerteam «Bollhalder Eberle Architektur St. Gallen + Burkard Meyer Architekten Baden» mit der Projektierung zu beauftragen. Das vorgestellte Siegerprojekt überzeugt architektonisch durch zwei eigenständig wahrnehmbare Baukörper – einen für das Kinderspital und einen für die Frauenklinik.

Die anstehenden Investitionen ermöglichen eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Kindermedizin (Pädiatrie und Kinderchirurgie) sowie Geburtshilfe und Gynäkologie auf höchstem Niveau im ambulanten und stationären Bereich. Dadurch wird die optimale Versorgung der Kinder und Jugendlichen sowie der Frauen langfristig sichergestellt.

Mit dem neuen Perinatalzentrum bleibt das Luzerner Kantonsspital führend bei der intensivmedizinischen Behandlung von Früh- und Neugeborenen sowie der Betreuung werdender Mütter während einer Risikoschwangerschaft oder -geburt und sichert damit die entsprechende hochspezialisierte Versorgung der Zentralschweiz.

Einbettung des Gebäudekomplexes auf dem Campus.
Einbettung des Gebäudekomplexes auf dem Campus.
Quelle LUKS, Generalplaner Burkard Meyer + Bollhalder Walser AG
Quelle LUKS, Generalplaner Burkard Meyer + Bollhalder Walser AG


Baufortschritt läuft nach Plan
Aktuell, Mitte 2024, ist die Hälfte der geplanten Bauzeit des Neubaus Kinderspital/Frauenklinik überschritten, der Rohbau ist plangemäss hochgezogen. Bewährt hat sich das stufenweise Vorgehen mit separaten Bewilligungsverfahren für Aushub, Parkierung, Klinikgebäude und Heli-Landeplatz, welches einen raschen Baufortschritt gewährleistete. Der Zeitgewinn bei der Realisation beträgt dadurch voraussichtlich rund 2,5 Jahre.

Die Inbetriebnahme der Gebäude ist per 2026 vorgesehen. Dies ist insbesondere für das Kinderspital von grosser Bedeutung. Das bestehende Gebäude wurde 1971 eröffnet. Dieses Bauwerk ist schon länger veraltet und bietet für die heutigen Bedürfnisse deutlich zu wenig Platz. Zudem wird die Frauenklinik ihre Prozesse mit dem Neubau noch besser auf ihre Patientinnen ausrichten können.

Aktualisierung der Investitionen
Der Kostenvoranschlag für die beiden Gebäude Kinderspital/Frauenklinik allein (ohne Nebenprojekte wie zum Beispiel Einstellhalle, Integration Rettungsdienst usw.) beträgt 226 Millionen Franken (Stand April 2024). Zum eigentlichen Gebäude kommen die medizinische Ausstattung, Möblierung und ICT-Infrastruktur hinzu.

Drohnenaufnahmen der aktuellen Baustelle des Neubauprojekts Kinderspital/Frauenklinik des Luzerner Kantonsspitals (LUKS)
Drohnenaufnahmen der aktuellen Baustelle des Neubauprojekts Kinderspital/Frauenklinik des Luzerner Kantonsspitals (LUKS)

Rundgang vor Ort
Mitte Juli 2024 durfte eine Delegation der Betonsuisse an einem Rundgang teilnehmen. Dies begann ganz unten, im dritten und zweiten Untergeschoss, wo auf einer Gesamtfläche von 22'000 Quadratmeter rund 540 Parkplätze vorgesehen sind. Auf diesen Ebenen sind beide Bauwerke verbunden – das Kinderspital und die Frauenklinik.

Komplexe Wasserhaltung
Der Baugrund erforderte mehrere Wasserpumpen während der Bauzeit und zur Kanalisationsentlastung wurden vier Retentionsbecken erstellt. Auf der Ebene des Zugangs zur Friedentalstrasse befindet sich das erste Obergeschoss. Dieses Stockwerk ist deutlich höher gebaut, denn hier wird die zentrale Haustechnik eingebaut.

Umsichtige Materialisierung
Die Statik der beiden Bauten beruht auf je zwei inneren Kernen mit dem Treppenhaus und den Liftanlagen. Dies ermöglicht grosszügig auskragende Decken, die auf vorfabrizierten Betonstützen von Müller-Steinag Baustoff AG stehen. Die Fassade zeigt sich aus gestalterischen Gründen mit Stützen in rundem Querschnitt, in den Innenräumen ist der Stützengrundriss jeweils quadratisch, was den Einbau der raumhohen beplankten Gipstellwände begünstigt.

Auch auf einen nachhaltigen Materialeinsatz wurde geachtet, so weist der verwendete Beton je nach Einsatzort einen RC-Anteil von 50 bzw. 25 Prozent auf. In den Obergeschossen wird eine Holzelementfassade montiert, die Notfalltreppen aussen sind in verzinktem Stahl ausgeführt.

Arbeitsmittel und weitere Bauarbeiten
Für die Deckenschalungen und für die Wände werden Peri-Schalungssysteme (Schalungstyp 2) angewandt. Die Baumeisterarbeiten für das gesamte Projekt übernahm die Implenia Schweiz AG.

Die Flachdächer sind mit Bitumenbahnen geschützt, darauf soll ein Dachgartenaufbau erfolgen. Über der Dachterrasse des Kinderspitals befindet sich ein Aufbau mit Technikräumen, auf dessen Dach ist ein Helikopterlandeplatz vorgesehen. Darauf gibt es einen weiteren Aufbau, damit der Aufzug direkt auf das Niveau des Helikopters gelangen kann.

Erfolgreiche Zusammenarbeit
Das gesamte Spitalareal liegt im nördlichen Teil der Stadt Luzern zwischen Bramberg und Sedel. Die Logistik des Bauplatzes erfordert daher besondere Massnahmen. Direkt beim laufenden Spitalbetrieb müssen zudem viele Herausforderungen gelöst werden.

Bis dato wurde dies rücksichtsvoll erfüllt. Die Bauetappen, -zufahrten, -container und -zwischenlager wurden in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss Bau/Infrastruktur des LUKS, den Generalplanern von Burkard Meyer + Bollhalder Walser AG BMBW, dem Baumeister Implenia Schweiz AG und allen weiteren beteiligten Unternehmen realisiert.

Interview mit Ralf Walser, Projektleiter bei Implenia Schweiz AG

Ralf Walser, Projektleiter bei Implenia Schweiz AG
Ralf Walser, Projektleiter bei Implenia Schweiz AG

Welche Herausforderungen gab es bezüglich der Baugrube in diesem Projekt?
Da die Baugrube im Sandstein eingebettet war, verhielt sie sich wie eine Badewanne. Dies erforderte ein durchdachtes Wasserhaltungskonzept. Eine Entspannung erfolgte erst, als die aussenliegende Sickerleitung erstellt war.

Auch im Innenausbau und in der architektonischen Gestaltung spielt der Beton eine wichtige Rolle. Können Sie uns mehr dazu sagen?
Im Bereich der Treppenhäuser und der Umgebungsgestaltung dominiert der Sichtbeton. Die geforderte Sichtschalung Typ 4.1.4 wurde gemeinsam mit dem Architekten/Generalplaner konzipiert. Die Sichtschalung wurde bei Implenia intern im Schalungsbau erstellt und auf die Baustelle geliefert. Die Oberflächenanforderung im Sichtbetonbereich entspricht einer BOK-3-Klasse.

Woher stammt der Beton? Welche Art von Beton wurde eingesetzt?
Der Beton wurde durch die Transportbeton AG Luzern in Horw geliefert. Für die Betonkonstruktionen im Bereich Wände B kam Beton WD RC – C50 CEM II / B-LL zum Einsatz. Für Decken und Wände C wurde ein Beton C RC – C50 CEM II / B-LL angewendet. Der verwendete Beton besitzt einen RC-Anteil von 50 Prozent und ist dementsprechend zu verarbeiten.

Was sind die Vorteile von Beton bei diesem konkreten Projekt?
Nebst der statischen Betrachtung spielt auch die Wirtschaftlichkeit eine Rolle. Sehr kurze Lieferzeiten und die Flexibilität in Form und Gestaltung sprechen für den Beton. Die Rohstoffe für die Betonherstellung haben wir im eigenen Land - mit kurzen Distanzen.

Was bedeutet dieses Projekt für Sie?
Wie bei jedem Bauvorhaben bringt das Projekt LUKS für mich vielfältige Herausforderungen mit sich, darunter Termine, Qualität, Arbeitssicherheit, Kundenzufriedenheit und die Weitergabe meines Wissens. Bei jedem Projekt habe ich viel dazugelernt und durfte meinen Wissensschatz erweitern. Bei diesem Bauprojekt ist die Zusammenarbeit mit dem Bauherrn und dem Planerteam wirklich sehr gut. Der Rohbau konnte nur deshalb im vorgegebenen Zeitplan erstellt werden, weil alle gemeinsam ein Ziel hatten.

Was macht den Berufsstolz im Bauwesen aus und hat er sich mit der Thematik «Klimawandel» verändert?
Die Zusammenarbeit mit Menschen und gleichzeitig technische Anforderungen zu lösen, das gibt eine Zufriedenheit und erfüllt mit Stolz. Jedes Projekt ist einzigartig und die Herausforderungen sind anderer Art – das macht den Bauberuf so interessant. Die Berufserfahrung und Fachkompetenzen werden bei den Projekten geschätzt, das ist ein Ansporn, sein Bestes zu geben.

Der Klimawandel spielt im Baugewerbe eine immer grössere Rolle. Natürlich wird in Bezug auf die Materialbeschaffung und die Arbeitsabläufe das Thema Klimawandel immer wichtiger. Dies sollte als Chance genutzt werden und führt zu stetiger Verbesserung. Ich denke vor allem auch an kurze Lieferwege und das Verwenden von rezykliertem Material und die erneuerbare Energie.

Bei der Implenia Schweiz AG ist das Thema Nachhaltigkeit eines der fünf Unternehmerwerte.

Vielen Dank für den Artikel Werner Aebi.

 

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