Projekte, Vorfabrikation
8 Min.

Luftiges Wohnen im landschaftlichen Garten

Am Rande des Zürcher Stadtgebiets, in unmittelbarer Nähe zu Gockhausen, befindet sich ein bemerkenswerter Ersatzneubau, der ein Haus aus den 1920er-Jahren ersetzt. Diese stadtnahe, jedoch ländliche Umgebung wird von Wäldern und Feldern geprägt und bietet eine harmonische Kulisse für das neue Wohnhaus. Das Gebäude orientiert sich an den einfachen Formen ländlicher Nutzbauten und fügt sich mit seinen versetzten Pultdächern nahtlos in die Umgebung ein. Dabei nimmt es Bezug zur denkmalgeschützten Scheune gegenüber auf.

Luftiges Wohnen im landschaftlichen Garten
Luftiges Wohnen im landschaftlichen Garten

Zur Tobelhofstrasse hin erstreckt sich eine bepflanzte Arkadenschicht, die im Erdgeschoss zur Erschliessung der beiden Hauseingänge dient und in den oberen Etagen einen visuell ansprechenden Filter zur Strasse bildet. Der Zugangsweg liegt etwas tiefer als die Wohnungen, was die Privatsphäre der Bewohner wahrt und den natürlichen Geländeverlauf respektiert.

Im Inneren des Hauses erschliessen zwei grosszügige Treppenhäuser insgesamt vierzehn unterschiedlich geschnittene Wohnungen. Im Erdgeschoss verbindet ein grosser gemeinschaftlicher Bereich die Treppenhäuser mit dem südseitigen Garten. Eine geräumige Küche, ein Ess- und Kaminbereich sowie ein Waschsalon stehen allen Bewohnern zur gemeinsamen Nutzung offen, ohne dabei das Gemeinschaftsleben zu erzwingen. «Ich wollte keine Wohngemeinschaft. Wichtig ist das Gemeinschaftliche», betont Irma Peter, die Bauherrin und selbst Mieterin im Haus. «Der Garten ist für alle verfügbar und direkt aus der Wohnung zugänglich.»

2sp Bilder: Luftiges Wohnen
2sp Bilder: Luftiges Wohnen

Die Tragstruktur des Gebäudes besteht aus vorfabrizierten Betonstützen und -unterzügen, was Materialeinsatz und Bauzeit optimiert. Beton wurde nur dort eingesetzt, wo er seine Stärken ausspielen konnte. «Plastische Elemente», wie die Gartentreppen oder die nordseitigen Balkone, wurden in Ortsbeton hergestellt. Die Fassade besteht aus Holz, was dem Gebäude eine warme und einladende Optik verleiht. «Mir waren der Einsatz der beiden Baustoffe Holz und Beton wichtig», erklärt Irma Peter.

Luftiges Wohnen im landschaftlichen Garten

Schiebeelemente, die sich wie in einem japanischen Haus flexibel verschieben lassen, ermöglichen eine vielseitige Raumgestaltung. So kann entweder ein grosser, zusammenhängender Wohnraum geschaffen, oder einzelne Zimmer abgetrennt werden. Diese Flexibilität erlaubt es, die Wohnungen den Bedürfnissen der Bewohner anzupassen. Getreu Le Corbusiers Aussage «Licht schafft Atmosphäre, vermittelt das Raumgefühl und betont die Struktur» war es für Irma Peter entscheidend, viel natürliches Licht in das Gebäude zu integrieren.

2sp Bilder 2: Luftiges Wohnen
2sp Bilder 2: Luftiges Wohnen

Das Gebäude öffnet sich im Süden mit einer grosszügigen Verandaschicht zur Landschaft hin und schafft so eine direkte Verbindung zum gemeinschaftlichen Garten. Gartentreppen führen von den Wohnungen in den naturnah gestalteten Aussenbereich und laden zur Erholung im Grünen ein. «Das Haus ist umgeben von Grün. Alle Pflanzen sind essbar. Die Bewohner dürfen sich auch gerne bedienen», fügt Irma Peter hinzu.

Luftiges Wohnen im landschaftlichen Garten

Die Photovoltaikmodule auf dem Dach, getragen von einer hölzernen Unterkonstruktion auf vorgefertigten Betonbindern, tragen zur nachhaltigen Energieversorgung bei. Hervorzuheben sind die Hybridpaneele (PVT), die in den unteren Reihen installiert sind. Unterstützt wird die nachhaltige Energieversorgung von Erdsonden, die eine effiziente Nutzung von geothermischer Energie ermöglichen. «Ich wollte ein ökologisches Haus», so Irma Peter. «Allfällige Zusatzkosten habe ich in Kauf genommen.»

Dank seiner innovativen Architektur und nachhaltigen Bauweise wurde das Gebäude im Jahr 2023 gar für den Architekturpreis der Zeitschrift Hochparterre nominiert, was seine herausragende Qualität unterstreicht.

2sp Bilder 3: Luftiges Wohnen
2sp Bilder 3: Luftiges Wohnen

Highlights des Projekts

Integration
Harmonisches Einfügen in die Umgebung mit Bezug zur denkmalgeschützten Scheune gegenüber.

Vorproduktion
Viele Elemente aus Beton wurden vorfabriziert, was Materialeinsatz und Bauzeit optimiert.

Gemeinschaft
Grosszügiger gemeinschaftlicher Bereich im Erdgeschoss mit Küche, Ess- und Kaminbereich sowie Waschsalon, in Kombination mit einem gemeinschaftlich genutzten, essbaren Garten.

Struktur
Tragstruktur aus vorfabrizierten Betonstützen und -unterzügen, Beton nur dort eingesetzt, wo er seine Stärken ausspielt.

Nachhaltigkeit
Photovoltaik- und Thermiemodule auf dem Dach, unterstützt von Erdsonden.

Facts & Figures

Direktauftrag
2018

Auftraggeber
privat

Mitarbeit
Fanni Rea Müller (Projektleitung), Lucien Villiger (Stv. Projektleitung), Johannes Walterbusch, Sofie Unger, Thomas Rutishauser, Yves Rechsteiner, Corinne Liebi

FotografInnen
Fanni Rea Müller, Frederico Farinatti, Seraina Wirz

Gebäudetypologie
Wohnen

Konstruktionsart
Neu

Baujahr
2020-2023

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