Beton-People
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Abenteuer in luftigen Höhen

Industriekletterer sind die wahren Helden, die in schwindelerregenden Höhen arbeiten, wo keine Gerüste oder Kräne hinkommen. Sie montieren Antennen, reinigen und warten Dächer, Fenster und Fassaden und führen Ausbesserungsarbeiten an Gebäuden durch. Aber was treibt jemanden an, einen so aufregenden und gefährlichen Beruf zu ergreifen?

Abenteuer in luftigen Höhen

Wir haben uns in luftige Höhen begeben und mit Janick Badertscher in schwindelerregender Perspektive über seinen Beruf gesprochen. Janick ist 30 Jahre alt und hat 2019 sein Level 1 Ticket erworben.


Vom Sportklettern zum Beruf
Viele Industriekletterer beginnen ihre Reise als passionierte Sportkletterer. «Ich bin Sportkletterer und liebe aussergewöhnliche Orte und Situationen». Seine Faszination für schwer zugängliche Orte und ungewöhnliche Herausforderungen führte ihn schliesslich zur Höhenarbeit. «Ich habe das Level 1 Ticket gemacht und mich dann auf die Suche nach Jobs begeben», erinnert er sich. Im Level 1 Kurs erlernen die Teilnehmenden die nötigen Manöver, um sicher am Seil unterwegs zu sein und einfache Rettungen auszuführen. Natürlich braucht es auch das handwerkliche Geschick, sonst funktioniert dieser Beruf nicht.

Ein Beruf mit wachsender Nachfrage
Der Beruf des Industriekletterers ist mittlerweile recht bekannt und gefragt. «Durch Medienberichte über spektakuläre Bauwerke wie den Burj Khalifa und diverse Dokumentationen ist das Interesse gestiegen». Anfangs hätte Janick nicht gedacht, dass so viele Menschen in diesem Bereich arbeiten, doch die steigende Nachfrage bestätigt dies. Industriekletterer sind oft kostengünstiger als aufwändige Gerüstkonstruktionen.

Vielfältige Einsatzgebiete
Industriekletterer sind in nahezu allen handwerklichen Bereichen gefragt. «Ich erkläre es so: Stellt euch jeden handwerklichen Beruf vor, den ihr kennt. Dann habt ihr die Antwort». Ob Hochregallager, Betonsanierungen, Fensterreinigungen oder Montagen – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und abwechslungsreich. Ein typischer Arbeitstag beginnt mit der Besprechung und Planung des sogenannten Riggings, bevor die eigentliche Arbeit startet.

Die richtige Ausrüstung
Sicherheit steht bei Industriekletterern an erster Stelle. «In meiner persönlichen Schutzausrüstung finden sich unterschiedlichste Marken». Welche Ausrüstung genau benötigt wird, hängt von der jeweiligen Aufgabe ab. Das Motto lautet: «So viel wie nötig, so wenig wie möglich». Im Endeffekt ist es nicht die Marke, die ein eigener Sicherheitsstandard hat. Es ist die Normierung, die sagt für was die Materialien zugelassen sind und wie sie angewendet werden dürfen.

Spannende Erlebnisse und Herausforderungen
Im Berufsalltag eines Industriekletterers gibt es immer wieder aussergewöhnliche Momente. Ein besonders aufregendes Erlebnis hatte der Janick an einem 160 Meter hohen Betonkamin. «Es war windig, und wir wussten nicht genau, ob der Wind noch stärker wird. Plötzlich kamen heftige Windböen und bliesen uns 20 Meter vom Kamin weg. Das geschah dreimal hintereinander». Solche Erlebnisse sind zwar beängstigend, bieten aber auch wertvolle Lernerfahrungen.
 

Fitness und mentale Stärke
Körperliche Fitness ist für Industriekletterer unerlässlich. «Ich gehe regelmässig zum Osteopathen, um meinen Rücken in Schuss zu halten». Mentale Vorbereitung spielt für ihn eine untergeordnete Rolle: «Für mich ist es ein normaler Job, der keine spezielle mentale Vorbereitung braucht. Wichtig ist, alles abzuklären, was es zu klären gibt».

Das Alter ist nebensächlich für die Ausführung dieses Jobs, es ist mehr die körperliche Fitness/Gesundheit die bestimmt, wie lange du diesen Job machen kannst. Ich denke, wenn die Zeit kommt, in der man nicht mehr am Seil arbeiten möchte oder kann, hat man diverse Möglichkeiten sich anderweitig in dem Bereich höhen Arbeit einzubringen. Zum Beispiel Kurse geben, Projektplanung, Erarbeiten von Zugangslösungen, etc.

Teamarbeit und Motivation
Teamarbeit ist im Industrieklettern unerlässlich. «Wir arbeiten immer im Team. Bei uns gibt es keine Alleinarbeit, da die Rettung immer gewährleistet sein muss».

Was ihn motiviert? «Jobs, bei denen ich Neues lernen kann oder Lösungen finden muss, die nicht sofort offensichtlich sind». Herausforderungen wie monotone Aufgaben und der tägliche Berufsverkehr sind weniger willkommen, werden aber professionell gemeistert.

Der Beruf des Industriekletterers ist nicht nur körperlich fordernd und technisch anspruchsvoll, sondern auch unglaublich aufregend. Für viele Kletterer ist genau das die Faszination und Leidenschaft, die sie jeden Tag aufs Neue in luftige Höhen treibt.

Wir wollen es genauer wissen.
Dazu haben wir bei Janick nachgefragt.

Erhalten Industriekletterer einen Gefahrenzuschlag für ihre Arbeit? Nein, ein spezieller Gefahrenzuschlag gibt es nicht.

Ist die Schweiz aufgrund ihrer zahlreichen Infrastrukturbauten wie Brücken besonders geeignet für den Beruf des Industriekletterers?
Ja, die Nachfrage steigt stetig, da immer mehr Menschen von der Existenz und den Fähigkeiten der Industriekletterer wissen.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung des Berufs des Industriekletterers in den nächsten Jahren?
Es ist schwer zu sagen. Die Hauptbereiche: wie Industrie, Naturgefahren und Reinigung sind gut abgedeckt. Es könnten jedoch noch neue Nischen oder Spezialbereiche entstehen, in denen Industriekletterer gefragt sind.

Lieber Janick Badertscher, besten Dank für das Interview!

Janick Badertscher, Industriekletterer
Janick Badertscher, Industriekletterer

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