Drei Faktoren für RC-Beton
Was also macht die Schweiz anders in Sachen Kreislaufwirtschaft beim Bauen, speziell in Sachen RC-Beton? Da wäre zunächst die Gesetzgebung. Die Bauprodukteverordnungen der Schweiz und Deutschlands sind identisch. In der Schweiz regelt aber zusätzlich noch die «Verordnung über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen» (VVEA), dass – wenn immer möglich – Rückbaustoffe verwertet werden müssen. Konkret verfügt etwa Art. 20: «Betonabbruch ist möglichst vollständig als Rohstoff für die Herstellung von Baustoffen oder als Baustoff auf Deponien zu verwerten.» Die öffentliche Hand geht mit gutem Beispiel voran, private Bauherren folgen, wie etwa das Radisson Hotel am Züricher Flughafen (2006–2008), dessen Innenarchitektur von Mattheo Thun stammt. Rund 80'000 m3 Recyclingbeton wurden zwischen 2010 und 2015 auf den Baufeldern C, E und H der Europaallee in Zürich eingesetzt. Jedes weitere Projekt verringert zudem eventuelle Vorbehalte gegenüber recyclierten Materialien.
Ein weiterer Faktor liegt in der Bevölkerungsdichte. Auf knapp 41'300 km2 leben zwischen Genf und Graubünden, dem Tessin und dem nördlichsten Kanton Schaffhausen 8,6 Mio. Menschen. «Wir in der Schweiz haben einfach keinen Platz, das heisst auch wenig Platz für Deponien», sagt Patric Van der Haegen, der Leiter Entwicklung der Eberhard Unternehmungen mit Sitz in Kloten. Dazu komme ein übergrosser Anteil von Bauschutt: «Wenn man in der Schweiz baut, steht einfach schon was da.» Die Firma Eberhard gilt mit ihren rund 600 Mitarbeitenden an zehn Standorten als technologischer Marktführer für Baustoffrecycling; allein das «BaustoffRecyclingZentrum Ebirec» in Rümlang bereitet bis zu 450.000 t mineralischen Bauschutt pro Jahr auf, eine gewaltige Menge, aber dennoch nur 3% der Gesamtsumme an Bauschutt in der Schweiz.
«Grundsätzlich ist es so, dass wir die Betonstruktur eines Hauses zu 100% verwerten können», sagt Patric Van der Haegen. Bei einem Haus mit mehreren Materialien, gemeinhin als Mischabbruch bezeichnet, sei dies «sehr viel aufwändiger». Aber auch dafür hat Eberhard eine neue Anlage im September letzten Jahres in Betrieb genommen, die stoffliche Verwertungen weit über 90% erziele. «Da können wir vorne ein Haus reinschmeissen und es fast komplett verwerten.»
Ein dritter Faktor liegt in der überprüfbaren Qualität. Das Geheimnis guten RC-Betons sei schnell erklärt, meint Patric Van der Haegen: Wir brauchen harte Sekundärbaustoffe, also gute Steine, und müssen die Siebkurve unter Kontrolle halten, also die Korngrössenverteilung. «So können wir Hochbaubeton herstellen mit Recyclinganteilen, die in Deutschland kaum möglich sind.» Zement macht 10–15% aus, der Rest ist recyceltes Material. International gültige, standardisierte und fremdüberwachte Umweltdeklarationen wirken einem Greenwashing entgegen.
Es gibt bereits zirkuläre Baustoffe in der Schweiz, die das Ganze transparent machen – ganz im Sinne der Regeln für Corporate Governance.